Genossenschaft
Unsere Geschichte
Rund um das Jahr 1949 war ganz Deutschland, sowohl im Osten als auch im Westen, von einer starken Wohnungsnot betroffen. Um gegen diese anzugehen, wurde zu dieser Zeit die staatliche Erlaubnis zur Bildung von Wohnungsgenossenschaften erteilt, denen ein einheitliches Musterstatut vorgeschrieben wurde, wie es schon zur Vorkriegszeit in Kraft war. Dabei wurde festgelegt:
- Für Wohnungsgenossenschaften wurde eine beschränkte Haftung und der Status als juristische Person erteilt
- Die staatliche Unterstützung im Bezug auf die Finanzierung und die Erarbeitung der Bauunterlagen und Baukapazitäten
- Örtliche Betriebe hatten den Maschinenpark zur Erbringung von Eigenleistungen am eigenen Wohnobjekt und an anderen Baustellen zur Verfügung zu stellen
Die Kontrolle der Arbeiten sollte zunächst durch die Industrie- und Handelskammer stattfinden und im Anschluss von der staatlichen Revisionskommission übernommen werden.
Die Gründung und der Wohnungsbau schritten voran
12 Eisenbahner schlossen sich im Jahr 1958 zusammen, um gemeinsam die Arbeiterwohnungsgenossenschaft „Frohe Zukunft“ zu gründen. In den Vorstand wurden Fritz Schulz, damals Hauptbuchhalter eines Baubetriebes und Frau Franz, Mitarbeiterin im Rat der Stadt Kalbe/ Milde gewählt. Als Vorsitzender der Revisionskommission wurde Herr Erich Stolle eingesetzt, der damals hauptberuflich Mitarbeiter der Telefongesellschaft war.
Mit starker Unterstützung des Staates konnten die notwendigen Unterlagen und Genehmigungen für den ersten, entstehenden Wohnblock in der Wernstedter Straße 3 bis 5 erteilt werden. Sofort wurde der verfügbare Bismarcker Baubetrieb mit der Ausführung der Baupläne beauftragt. Bald hatte die Wohnungsgenossenschaft „Freie Zukunft“ über 100 Mitglieder und die Planung weiterer Wohnungen schritt rasch voran.
Für die Mitglieder galt es, bloß nicht den Anschluss zu verlieren und auch den Verpflichtungen zur Erbringung von 15 % Eigenleistung nachzukommen. Bedingung war es, neben den 2.100,00 DM Geschäftsanteilen auch Arbeitsleistungen am Bau selbst zu erbringen. Mithilfe von Patenschaftsbetrieben, die Traktoren und Anhänger bereitstellten, wurden Sand, Kies und andere Baustoffe zu den Baustellen gefahren. Das Auf- und Abladen erfolgte damals noch von Hand. Alle Häuser wurden mit einer damals modernen Ofenheizung ausgestattet, Wärmedämmung war aber noch lang kein Thema – stattdessen legte man eine Schippe Kohle mehr auf. Insgesamt wurden auf diese Weise von 1958 bis 1964 ganze 6 Wohnhäuser mit insgesamt 90 Wohnungen gebaut. Damit konnte der Bedarf gedeckt werden.
Die Wirtschaftstätigkeit in der ehemaligen DDR war sehr einfach: Für die Zahlungen der Mieten waren die regionalen Sparkassen zuständig, über die Genossenschaft wurden die Ein- und Auszüge geregelt. Zu dieser Zeit wurde auch Herr U. Szoebb Mitglied der Genossenschaft, der mit dem Ausscheiden von Fritz Schulz im Februar 1964 auch den Vorsitz übernahm. Für die Buchhaltung war fortan Frau Buske, die bei der Sparkasse beschäftigt war, zuständig. Ein Büro stand nicht zur Verfügung, alle relevanten Unterlagen wurden in Schuhkartons gelagert.
Alles änderte sich mit der Wende im Jahr 1989 – die Neugründung der Wohnungsgenossenschaft
Mit dem Ende der DDR kam auch das Ende für die bisherige Wohnungsgenossenschaft. In der gesamten Region herrschte große Ratlosigkeit: Die alte Administration hat sich verabschiedet, eine neue war nicht in Sicht. So standen der Wohnungsgenossenschaft große Aufgaben bevor, denn auch das Geld war durch die Einführung der DM West knapp, obwohl die Grundstücke vom Staat zurückgekauft werden mussten. So entschlossen wir uns dazu, für alle anstehenden Modernisierungen und den Rückkauf der Grundstücke einen Kredit in Höhe von 1,4 Millionen DM aufzunehmen. Die dafür notwendige Vollversammlung fand erst am 13.12.1990 statt. Hier wurde die Neugründung der Wohnungsgenossenschaft nach westlichem Vorbild von allen Mitgliedern bestätigt und der Name Wohnungsgenossenschaft „Petersberg“ e. G. übernommen. Herr U. Szoebb übernahm auch hier wieder den Vorsitz, für die Buchhaltung wurde Frau Brigitta Schwarz eingesetzt. Am 10.01.1991 wurde die Neugründung der Wohnungsgenossenschaft auch notariell bestätigt. Zwischenzeitlich stand die Wohnungsgenossenschaft Petersberg immer wieder vor großen Herausforderungen, die mit der Kraft der Mitglieder alle überwunden werden konnten. Nach mehrmaligem Führungswechsel sind heute Frau Doreen Meyer und Herr Wolfgang Riek als Vorsitzende tätig. Frau Meyer übernimmt zusätzlich die Buchhaltung über das Büro. Im Aufsitzrat befinden sich derzeit Frau Ilona Nikolaus, Frau Melitta Brennecke und Daniel Möllerke.
Bis heute hat die Wohnungsgenossenschaft in wirtschaftlicher Hinsicht immer gute Ergebnisse erreichen können.
Die Stadt Kalbe/ Milde im Wandel der Zeit
Kalbe/ Milde war zur Zeit der Gründung der Wohnungsgenossenschaft eine sehr kleine und beschauliche Stadt, in der jeder sein Auskommen hatte. Regelmäßige Theatervorstellungen, Tanzveranstaltungen für Jung und Alt und einige Gaststätten sorgten für die Unterhaltung der Bewohner. Der städtische Zuwachs resultierte aus zahlreichen, neu geschaffenen Arbeitsplätzen – die Altmärkische Eisenbahngesellschaft erweiterte ihr Personal, das Baugewerbe erfuhr einen großen Aufschwung. Auch die Bildung des Rates durch den Kreis wurden zahlreiche neue Einrichtungen in Kalbe/ Milde eröffnet. Diesem Ansturm von Menschen war der Wohnungsmarkt nicht gewachsen. Die westliche Ausdehnung endete zu dieser Zeit mit der Stadtgrenze auf Höhe des Friedhofes, der Petersberg selbst war reines Ackerland. Dies sollte sich mit der Wohnungsgenossenschaft Petersberg e. G. jedoch ändern.
Zeitzeugenberichte – Anni Klußmann und Kurt Damerow
Frau Anni Klußmann wird bald 90 Jahre alt und lebt noch immer ohne fremde Hilfe in der damals bezogenen Wohnung der Wohnungsgenossenschaft Petersberg e. G., die sich im dritten Stock befindet. Gemeinsam mit ihrem verstorbenen Mann haben beide für den Bau der Häuser zusammen 496 Arbeitsstunden geleistet. Insbesondere beim Schaufeln von Kies war Anni Klußmann immer dabei, um das Voranschreiten des entstehenden Wohnraums mitzugestalten. Im Hausaufgang ist sie die Seele des Hauses. Bei allen wichtigen Entscheidungen ist der Rat von Frau Anni Klußmann bis heute gefragt.
Auch Kurt Damerow hat maßgeblich beim Bau aller Wohnungen mitgeholfen und dabei viele Arbeitsstunden in das Vorankommen der Wohnungsgenossenschaft Petersberg e. G. investiert: Er half dabei, die Baugrube am Haus in der Straße der Freundschaft 1 und 3 mit Schaufel und Spaten
auszuheben, eine anstrengende und fordernde Arbeit. Von Anfang an war er ein wichtiger Bestandteil der Wohnungsgenossenschaft und hat maßgeblich zum Bau der Wohnung beigetragen, in der er auch heute noch lebt. Kurt Damerow ist mit Leib und Seele Genossenschafter, wie er im Buche steht. Auch heute kümmert er sich noch um das Haus, pflegt die dazugehörigen Außenanlagen, pflanzt Blumen und hat für alle Bewohner und Besucher immer ein freundliches Wort. Im Büro übernimmt er postalische Aufgaben und ist stets hilfsbereit, wenn seine Unterstützung benötigt wird.